[1]
Hoffmann, Brf. Fouqué [Rath Krespel] (1817), 241 f. (242)
: Was ist unsinniger, rief ich, 〈242〉 vom Stuhle aufspringend, hin zum Pianoforte laufend, und es schnell öffnend: Was ist unsinniger als solche vertrakte Manieren, welche, statt Musik zu sein, dem Tone[1] über den Boden hingeschütteter Erbsen gleichen. Ich sang manche der modernen[7] Fermaten, die hin und her laufen, und schnurren wie ein tüchtig losgeschnürter Kreisel, einzelne schlechte Accorde dazu anschlagend.
[2]
Nissen, Mozart (1828), 543 f. (544)
: Die Franzosen gestehen der deutschen Musik[1], und an ihrer Spitze Mozarten eine unbedingt ihnen 〈544〉 überlegene Vortrefflichkeit zu: eine Vortrefflichkeit, die von ihnen bey allen Werken dieses Componisten mit Bereitwilligkeit anerkannt wird, obgleich der Genuss derselben in ihnen mehr mittelbar durch Verstandes-Operation, als durch unmittelbar menschliche Theilnahme sich zu erkennen giebt. Da das Colorit dieser Composition [sc. Così fan tutte] unter allen Werken Mozart's am meisten aus dem Verstande[1] hervorgegangen zu seyn scheint, indem der freyern[17] romantischen[4] Behandlung durch den so witzigen Inhalt des Textes fast allenthalben Fesseln angelegt worden, so muss die Natur[1] dieser Musik[4] einem französischen Publicum[4] auch schon desshalb mehr zusagen, wie viele dieser Art von seinen übrigen Arbeiten.
[3]
A. W. Schlegel, an A. Böhmer (3. 6. 1798), C 1, 451
: Zelter hat mir eine allerliebste lustige Komposizion von Goethes Besenliede vorgesungen – ich will ihn bey der nächsten Gelegenheit fragen, ob ein Piepstimmchen wie Deins das wohl singen kann; und will Dir in dem Falle die Musik zu verschaffen suchen.
[4]
Beethoven, an Goethe (12. 4. 1811), B 2, 185
: [S]ie Werden Nächstens Die Musik[10] zu Egmont von Leipzig Durch Breitkopf und Hertel erhalten, diesen Herrlichen Egmont, den ich, indem ich ihn eben so warm als ich ihn gelesen, wieder durch sie gedacht, gefühlt, und in Musick[4] gegeben habe – ich wünsche sehr ihr Urtheil darüber zu wißen, auch der Tadel wird nur für mich und meine Kunst[5] ersprießlich seyn, und so gern wie das gröste Lob aufgenommen werden[.].
[5]
Börne, Brf. Paris II (1832), 140 f.
: Vor einigen Tagen wurde bei den Italienern eine neue[1] Oper, Fausto, aufgeführt nach Goethe's Faust bearbeitet. Der Componist ist eine Componistin, Demoiselle Bertin [sc. Louise-Angélique Bertin (1805–1877)], ein junges Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal des Debats. [...] Die Musik ist einigemale nicht langweilig, und wer noch nicht ganz todt ist, erholt sich da wieder. Die schönsten[1] Gedanken kommen der Componistin erst am Schlusse der Oper, wahrscheinlich wegen der weiblichen[1] Postscripten-Natur. Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe, 〈141〉 daß ein Frauenzimmer diese Musik gemacht, und wenn im Orchester Hörner und Pauken mächtig erschallten, mußte ich jedesmal lachen..
[6]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204 f.
: Wie [...] ergreift das unauslöschliche Göttergelächter im Homer, das aus der seligen Ruhe der Götter[4] entspringt, und nur Heiterkeit[3] und nicht abstrakte Ausgelassenheit ist. Ebenso wenig auf der andern Seite darf das Weinen als haltungsloser Jammer in das ideale Kunstwerk[2] eintreten, wie z. B. solche abstrakte Trostlosigkeit [...] in Weber's Freischützen zu hören ist. In der Musik überhaupt 〈205〉 ist der Gesang diese Freude und Lust sich zu vernehmen, wie die Lerche in den freien[1] Lüften singt; Hinausschreien des Schmerzes und der Fröhlichkeit macht noch keine Musik, sondern selbst im Leiden muß der süße Ton[9] der Klage die Schmerzen durchziehn und klären, so daß es Einem schon der Mühe werth scheint so zu leiden, um solche Klage zu vernehmen. Dieß ist die süße Melodie, der Gesang in aller Kunst[10]. ➢ Volltext.
[7]
Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 86] (1813), 391
: [E]s gehört [...] eine seltene Tiefe des Geistes[[[[BedeutungsVerweis ID='139' Anzeige='19' Formatierung='1']]]], ein hoher Genius 〈392〉 dazu, selbst bey der Anwendung des figurirtesten Gesanges, des ganzen Reichthums der Instrumental-Musik, ernst und würdevoll, kurz, kirchenmässig zu bleiben! Mozart, so galant er in seinen beyden bekannteren Messen aus C dur ist, hat im Requiem jene Aufgabe herrlich gelöst: es ist dies in Wahrheit eine romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]]-heilige Musik, aus seinem Innersten hervorgegangen. ➢ Volltext.
[8]
Klingemann, Poesie (1800), 55
: Die Poesie[19] geht durch die ganze Kunst[2]; sie ist das Innerliche in ihr, und der geheime wunderliche Geist[12], der später erst durch sie zur Erscheinung kommt. Die Kunst[2] selbst ist nur Organ[1] der Poesie[19], sie aber ist die Seele des Ganzen, und das heilige Feuer, das unsichtbar sich entzündet. So ist die Dichtkunst allein nicht ihre einzige Heimath; sondern sie herrscht unumschränkt auch in der Skulptur und Mahlerei[2], und redet zart und geistig aus der Musik uns an. Sie ist es eben, wodurch die Kunst[2] sich ausbreitet, und allgemein wird; denn Poesie[19] ist die Grundanlage der Menschheit[1] überhaupt, und sie zeichnet sich nur, dem Grade nach, stärker oder schwächer in den Einzelnen aus. | Die Poesie[19] ist das eigentlich Absichtslose, oder die Natur[19] in der Kunst[2]; Niemand vermag sie zu erringen, oder durch Kunst[2] sich anzueignen; sie ist vielmehr eine freie[5] Gunst der Götter[4], und wird dem Menschen[1] schon bei seiner Geburt zu Theile..
[9]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 51
: Es giebt eine Kunst[6] des Hörens wie des Redens, und da der Redner [...] außer sich selbst noch die Person seines Gegners sprechen lassen soll, so ist klar, daß er die Kunst[6] des Hörens, die Kunst[6] des Innewerdens fremder[3] Naturen[16] und ihrer Art und Eigenheit in demselben Maße besitzen müsse als die Kunst[6] des Eindringens in fremde[3] Naturen[16] vermittels seiner Rede: diese beiden Künste[6] bedingen einander; niemand kann größerer Redner seyn als Hörer. | In der Musik[1] wird die Welt diese meine Forderung leicht zugeben; wer singen lernen will, muß ein musikalisches[6] Ohr[3] haben; und wer Musik[1] als Kunst[2] und nicht als bloße Schmeichelei des Ohrs[3] empfinden will, soll sein Ohr[3] für die Musik[1/4] ausgebildet haben wie derjenige seine Stimme[1] oder seine Instrumentalfertigkeit, der sie hervorbringt..
[10]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 367
: Nach unsrer allgemeinen Ansicht vom Verhältniß der alten[10] und neueren[3] Kunst[10] werden wir auch in der Musik keine gegen die andre herabzusetzen, sondern die Bedeutung ihres Gegensatzes zu verstehen suchen; und da würde sich vielleicht bey näherer Erörterung finden, daß das vorwaltende in der alten[10] Musik eben das war, was in den übrigen Künsten[10]: das plastische[3], rein classische[5], streng begränzende; in der neueren[3] hingegen das pittoreske[2], romantische[4/8] oder wie man es nennen will..
[11]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 47 f. (48)
: Es giebt eine Art von Poesie[11], die ein zu einsamer Beschaulichkeit gestimmtes Gemüth leise anregt, ungefähr wie gelinde Lüfte Accorde aus einer Aeolsharfe hervorrufen. Diese Poesie[11], wie vortrefflich sie sonst seyn möchte, würde ohne andre Begleitung auf der Bühne ungehört verhallen. Die schmelzende Harmonica ist nicht dazu gemacht, den Tritt eines Heeres zu ordnen und anzufeuern. Dazu gehören durchdringende Instrumente[3], besonders aber ein entschiedener Rhythmus, der den Pulsschlag beschleunigt, und das sinnliche Leben in rascheren Schwung setzt. Diesen Rhythmus in der Fortbewegung eines Drama's sichtbar zu machen, ist das Haupterforderniß. Ist dieß einmal gelungen, dann darf der 〈48〉 Dichter sich schon eher in seiner raschen Laufbahn verweilen, und seiner Neigung nachhängen. Es giebt Punkte, wo die entfaltetste oder geschmückteste Erzählung, die begeistertste Lyrik, die tiefsinnigsten Gedanken und entferntesten Andeutungen, die sinnreichsten Spiele des Witzes[2], die glänzendsten einer gaukelnden und in den Lüften schwebenden[7] Fantasie[2] schon an ihrer Stelle sind, und wo die [...] Zuhörer [...] diesem allem mit begierigem Ohr[3] folgen werden, wie einer zu ihrer Stimmung passenden Musik. Hiebey ist die große Kunst[6] des Dichters, die Wirkung der Gegensätze zu benutzen, wodurch es möglich wird, ruhige Stille, in sich gekehrte Betrachtung, ja die nachläßige Hingegebenheit der Erschöpfung, eben so auffallend hervorzuheben, als in andern Fällen die gewaltsamste Bewegung, den heftigsten Sturm der Leidenschaften. ➢ Volltext.
[12]
C. Schlegel, an L. Gotter (E. Jun./Anf. Jul. 1798), C 1, 452
: Die Geisterinsel wird nach Reichards Composizion am Huldigungstage den 6ten Jul. in Berlin aufgeführt. Schlegel hat der Probe beygewohnt. Die Musik ist ihm sehr glänzend und romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] vorgekommen..
[13]
Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 123
: Carl der VII. war [...] ein Kenner der Tonkunst. Er spielte den Flügel und die Violine mit ziemlicher Fertigkeit, und soll selbst einige Stücke in Musik gesetzt haben; – die man natürlicher[4] Weise lobte, weil er Kaiser war..
[14]
C. Schumann, Tageb. (*1840), 116
: Wie wirkt doch der Mozart so viel mit den einfachsten geringsten Mitteln – ich denke mir, Mozart muß ein immer heiteres[3] friedliches Gemüth gehabt haben, denn seine Musik stimmt Einen so..
[15]
R. Schumann, Symph. Spohr (1835), 65
: Man müßte zum drittenmal nachdichten, wenn man für die, welche diese Symphonie [⦿] nicht gehört, ein Bild entwerfen wollte; denn der Dichter verdankt die Worte[2] seiner Begeisterung[3] für die Tonkunst, die Spohr wiederum mit Musik[5] übersetzt[2] hat. Ließe sich ein Zuhörer finden, der, von dem Gedicht und von den Ueberschriften zu den einzelnen Sätzen der Symphonie nicht unterrichtet, uns Rechenschaft von den Bildern, welche sie in ihm erweckt, geben könnte, so wäre das eine Probe, ob der Tondichter seine Aufgabe glücklich gelöst habe. Leider wußte auch ich schon vorher von der Absicht der Symphonie und sah mich wider Willen gezwungen, den Gestalten der Musik[4], die sich mir nur zu deutlich aufdrangen, das noch materiellere Gewand der Pfeifer'schen Dichtung umzuwerfen. | [...] Beethoven hat gar wohl die Gefahr gekannt, die er bei der Pastoral-Symphonie lief. In den paar Worten[2] „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei[5]“, die er ihr voransetzte, liegt eine ganze Aesthetik für Componisten, und es ist sehr lächerlich, wenn ihn Maler auf Portraits an einem Bach sitzen, den Kopf in die Hand drücken und das Plätschern belauschen lassen. Bei unsrer Symphonie, däucht mir, war die ästhetische Gefahr noch größer..
[16]
R. Schumann, Taub. Minn. (1835), 15
: Ich weiß nicht, ob die Musik dem vorgesetzten Gedichte vom Anfang bis Ende folgt, ob der Grundton der ganzen Poesie[13] oder nur der Sinn[1] der angeführten Mottos in der Musik nachgebildet ist [...]..
[17]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 15 f. (16)
: Ist diese Gegend nicht, durch welche wir wandeln, fing Theodor an, einem schönen[1] romantischen[1/3/4] Gedichte zu vergleichen? Erst wand sich der Weg labyrinthisch auf und ab durch den dichten Buchenwald, der nur augenblickliche räthselhafte Aussicht in die Landschaft erlaubte: so ist die erste Einleitung des Gedichtes; dann geriethen wir an den blauen Fluß, der uns plötzlich überraschte und uns den Blick in das unvermuthete frisch grüne Thal gönnte: so ist die plötzliche Gegenwart einer innigen Liebe; dann die hohen Felsengruppen, die sich edel und majestätisch erhuben und höher bis zum Himmel wuchsen, je weiter wir gingen: so treten in die alten[1] Erzählungen erhabene Begebenheiten hinein, und lenken unsern Sinn[11] von den Blumen ab; dann hatten wir den großen Blick auf ein weit ausgebreitetes Thal, mit schwebenden[2] Dörfern und Thürmen auf schön[1] geformten Bergen in der Ferne, wir sahen Wälder, weidende Heerden, Hütten der Bergleute, aus denen wir das Ge〈16〉töse herüber vernahmen: so öffnet sich ein großes Dichterwerk in die Mannigfaltigkeit der Welt und entfaltet den Reichthum der Charaktere[7]; nun traten wir in den Hain von verschiedenem duftenden Gehölz, in welchem die Nachtigall so lieblich klagte, die Sonne sich verbarg, ein Bach so leise schluchzend aus den Bergen quoll, und murmelnd jenen blauen Strom suchte, den wir plötzlich, um die Felsenecke biegend, in aller Herrlichkeit wieder fanden: so schmilzt Sehnsucht und Schmerz, und sucht die verwandte Brust des tröstenden Freundes, um sich ganz, ganz in dessen lieblich erquickende Fülle zu ergießen, und sich in triumphirende Woge zu verwandeln. Wie wird sich diese reizende Landschaft nun ferner noch entwickeln? Schon oft habe ich Lust gefühlt, einer romantischen[8] Musik ein Gedicht unterzulegen, oder gewünscht, ein genialischer Tonkünstler möchte mir voraus arbeiten, um nachher den Text seiner Musik zu suchen; aber wahrlich, ich fühle jetzt, daß sich aus solchem Wechsel einer anmuthigen Landschaft ebenfalls ein reizendes erzählendes Gedicht entwickeln ließe..
[18]
Zelter/Goethe, Haydn. Schöpf. (1826), WA I, 41.2, 384
: [H]ierdurch werde ich erinnert, an den Vorwurf zu denken, den man Haydn machen wollen: seine Musik[4] ermangele der Leidenschaft. Hierauf nun erwidere ich Folgendes: Das Leidenschaftliche in der Musik[1] wie in allen Künsten[2] ist leichter als man denkt, schon weil es leichter nachempfunden wird; es ist nicht ursprünglich, die Gelegenheit bringt es hervor, und nach dem Begriffe[1] der Alten[10] verdeckt es die reine Natur[19] und entstellt das Schöne[1]. [...] | Unser Haydn [...] wirkt ohne Hitze, was er wirkt; wer will denn auch erhitzt sein? Temperament, Sinn[6], Geist[20], Humor[3], Fluß, Süße, Kraft und endlich die echten Zeichen des Genies[4]: Naivetät und Ironie[3] müssen ihm durchaus zugestanden werden. Sind nun die hier genannten Elementartheile, welche ohne Wärmestoff nicht denkbar sind, Haydn'sche Eigenheiten, so begrüßen wir seine Kunst[10] als antik[4] im besten Sinne[1], und daß sie modern[4/7] sei, ist unsres Wissens nicht bestritten worden, was auch schwer gelingen möchte, da alle moderne[9] Musik[1] auf ihm ruht..