[1]
F. Schlegel, G. Forster (1797), 42
: Viele deutsche Schriften handeln von der Sittlichkeit: wenige sind sittlich. Wenige vielleicht in höherm Maaß, wie Forsters; in ihrer Gattung wenigstens, keine. Zwar strengere Begriffe[1] zu haben, ist wohlfeil, wenn es bloß Begriffe[1] sind. Was er wußte, meinte und glaubte, war in Saft und Blut verwandelt. Wie in allen Stücken, so auch in diesem wird man Buchstaben[8] und Namen ohne den Geist[12], in Forsters Schriften vergeblich suchen. Überall zeigt sich in ihnen eine edle und zarte Natur[16], reges Mitgefühl, sanfte und billige Schonung, warme Begeisterung für das Wohl der Menschheit[2], eine reine Gesinnung, lebhafter Abscheu alles Unrechts. ➢ Volltext
[2]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 185 f. (186)
: Glücklich, daß die Natur[2] das weibliche[1] Herz mit einem unnennbar-zarten und starken Gefühl für den persönlichen Werth des 〈186〉 Mannes ausgerüstet und geschmückt hat. Durch dies Gefühl erträgt sie auch seine Härtigkeiten: sie schwingt sich in einer süßen Begeisterung so gern zu allem auf, was ihr an ihm edel, groß, tapfer, ungewöhnlich dünket: mit erhebender Theilnehmung hört sie männliche Thaten, die ihr, wenn der Abend kommt, die Last des beschwerlichen Tages versüßen und es zum Stolz ihr machen, daß sie, da sie doch einmal zugehören muß, einem solchen Mann gehöre. Die Liebe des Romantischen[7] im weiblichen[1] Charakter[1] ist also eine wohlthätige Gabe der Natur[2], Balsam für sie und belohnende Aufmunterung des Mannes: denn der schönste[6] Kranz des Jünglings war immer die Liebe der Jungfrau..
[3]
W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), V f. (VI)
: Nichts vollendet so sehr den absoluten Werth eines Gedichts, als wenn es, neben seinen übrigen eigenthümlichen Vorzügen, zugleich den sichtbaren Ausdruck seiner Gattung und das lebendige Gepräge seines Urhebers an sich trägt. Denn wie groß auch die einzelnen Schönheiten[1] seyn mögen, durch welche ein Kunstwerk[3] zu glänzen im Stande ist, wie regellos die Bahnen, welche selbst das echte Genie[4] manchmal verfolgt; so bleibt es doch immer gewiß, daß dasselbe da, wo es in seiner vollen Kraft thätig ist, auch immer in einer reinen und entschiedenen Individualität auftritt, und sich eben so wieder in einer reinen und bestimmten Form ausprägt. Wenn daher andere Pro〈VI〉ducte der Kunst[3] nur eine einseitige Bewunderung oder eine flüchtig aufbrausende Begeisterung hervorbringen; so sind es allein die, welche jenen Grad der Vollkommenheit besitzen, in welchen der Leser seine volle und dauernde Befriedigung findet, und aus denen er wieder die Stimmung zu schöpfen vermag, die ihnen selbst das Daseyn gab. Vorzüglich aber sind sie ein dankbarer Gegenstand für die ästhetische Beurtheilung. Denn sie erheben zugleich mit sich auch ihren Beurtheiler empor, und führen von selbst eine Art der Kritik[2] herbei, die in dem einzelnen Beispiel zugleich die Gattung, in dem Werke zugleich den Künstler[3] schildert..
[4]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 56
: Die Cultur[3] der Philologie scheint [...] auf der Überzeugung von dem unschätzbaren Werthe der Originalwerke, welche sie kritisch[4] und hermeneutisch behandelt, zu beruhen, und dieß ist die eigentliche Triebfeder der Begeisterung für philologische Forschung. Denn da ihre Bemühungen mit keinem materiellen Interesse zusammenhängen, (wie zB. die Naturbeobachtung) da sie weder wie Historie und praktische Philosophie den praktischen Menschen[7] in Anspruch nehmen, noch wie die speculative den eigentlichen Wissenstrieb, da sie nicht ohne die anhaltendste Aufmerksamkeit auf scheinbare Kleinigkeiten, auf die Unterabtheilungen der Grammatik, auf Lesearten, Buchstaben[1] und Striche, gelingen können: so muß darin ein Gegengewicht gegeben seyn, daß sie in Bezug auf das höchste, was der menschliche Geist[11] leisten kann, aufgewandt werden. .
[5]
R. Schumann, Symph. Spohr (1835), 65
: Man müßte zum drittenmal nachdichten, wenn man für die, welche diese Symphonie [⦿] nicht gehört, ein Bild entwerfen wollte; denn der Dichter verdankt die Worte[2] seiner Begeisterung für die Tonkunst, die Spohr wiederum mit Musik[5] übersetzt[2] hat. Ließe sich ein Zuhörer finden, der, von dem Gedicht und von den Ueberschriften zu den einzelnen Sätzen der Symphonie nicht unterrichtet, uns Rechenschaft von den Bildern, welche sie in ihm erweckt, geben könnte, so wäre das eine Probe, ob der Tondichter seine Aufgabe glücklich gelöst habe. Leider wußte auch ich schon vorher von der Absicht der Symphonie und sah mich wider Willen gezwungen, den Gestalten der Musik[4], die sich mir nur zu deutlich aufdrangen, das noch materiellere Gewand der Pfeifer'schen Dichtung umzuwerfen. | [...] Beethoven hat gar wohl die Gefahr gekannt, die er bei der Pastoral-Symphonie lief. In den paar Worten[2] „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei[5]“, die er ihr voransetzte, liegt eine ganze Aesthetik für Componisten, und es ist sehr lächerlich, wenn ihn Maler auf Portraits an einem Bach sitzen, den Kopf in die Hand drücken und das Plätschern belauschen lassen. Bei unsrer Symphonie, däucht mir, war die ästhetische Gefahr noch größer..