Wortliste
Struktur
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Semantik 
3. ›Prüfung der Echtheit, des Alters, der for­ma­len Charakteristika eines Kunstgegenstandes, vor allem eines literarischen Textes (z. B. hinsichtlich verschiedener Fassungen, auch einzelner Lesarten)‹, Spezialisierung zu 1; dann auch im weiteren Sinne ›historisch-philologische Untersuchung‹ [37, 38], ›Studium historischer Quellen‹ [27] sowie – in nochmals weiterem Sinne, auch in naturwissenschaftlichen, speziell kartographischen Zusammenhängen – ›verglei­chende Zusammenstellung fremder Forschungsergebnisse (im Gegensatz zu eigener empirischer For­schung)‹ [5]. Als Kritik3 gilt auch die Prüfung, welche Anteile an einem Kunstwerk ein bestimmter Künstler hat [7]. Als ergänzende Kritik3 gilt der fachmännische Vergleich verschiedener Kunstwerke oder Teile eines Kunstwerks, um dadurch zu Konjekturen bezüglich verloren gegangener Werke oder Werkteile zu gelangen [16, 29]. Bei Friedrich Schlegel wird unter Kritik3 eine materiale Altertumslehre verstanden [9], die im Zu­sammenhang des Konzepts der humanistischen Bildung2 als Voraussetzung einer Erziehung des Menschen zum Klassischen3 erscheint.
Belege 
[1] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (
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1796), 1792: Die Kritik, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Critica. 1) Die Kunst oder Wissenschaft, die richtige Leseart und den Sinn der alten Schriftsteller zu bestimmen [...]; ohne Plural. 2) Die Anwendung derselben in einzelnen Fällen [...]; mit dem Plural.

[2] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 27: Die Academie Royale des Inscriptions et Medailles [...] rührte von dem großen Colbert her, und beschäftigte sich größten Theils mit Geschichte[1], Alterthümern[5] und Kritik.

[3] Goethe, an Schiller (22. 4. 1797), WA IV, 12, 94: Woltmanns Menschengeschichte ist freylich ein seltsames Werk. Der Vorbericht liegt ganz außer meinem Gesichtskreise, das ägyptische Wesen kann ich nicht beurtheilen, aber wie er bey Behandlung der Israelitischen Geschichte das alte Testament, so wie es liegt, ohne die mindeste Kritik, als eine reine Quelle der Begebenheiten annehmen konnte, ist mir unbegreiflich. Die ganze Arbeit ist auf Sand gebaut [...].

[4] Herder, Gott (
2
1800), SW 16, 464: In der Kritik hat man die Probe, daß was in Prose[1] Unsinn ist, es auch in Versen seyn müsse [...].

[5] A. v. Humboldt, Einl. Königr. Neuspanien (1809), CXX f. (CXXI): Auf der General-Karte habe ich [...] diejenigen Resultate aufgenommen, die mir nach einer großen Menge Combina⟨CXXI⟩tionen die wahrscheinlichsten dünkten. Bei dem gänzlichen Mangel an directen Beobachtungen, kann eine behutsame Critik noch manche nützliche Resultate auffinden, und aus Beobachtungen, die eine große Verschiedenheit zeigen, das Mittel ziehen.

[6] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 291: Wo ein vollkommen genügender urkundlicher Beweis fehlt, ist es vor allen Dingen nöthig, auf die stylistischen Eigenthümlichkeiten des Bauwerks einzugehen und durch Vergleichung mit andern Gebäuden die Zeit[3], welcher dasselbe angehört, fester zu bestimmen. Diese vergleichende Kritik – die bei aller kunsthistorischen Forschung als die Hauptsache erscheint – hätte Hr. L. nothwendig anstellen müssen, um der historischen Wahrscheinlichkeit (denn weiter gelangt er nicht, obgleich er dieselbe durchweg sofort als unbedingte Wahrheit annimmt) eine festere Basis zu geben.

[7] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 197: [J]edermann weiß, welche scharf sondernde Kritik dazu gehört, um z. B. bey vielen Bildern Raphaels auszumachen, wie viel davon eigentlich von ihm selbst herrührt.

[8] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 733: Die Leseart tuoch gewährt Licht, wir halten sie für richtig, nur mit Beibehaltung des Genitivs, tuoches. Uebrigens scheint die erste Zeile ebenfalls entstellt zu seyn. Nach den gewöhnlichen Regeln der Kritik wäre an dem Wort[1] falle nicht zu rücken, weil es wiederkommt; wer aber Bodmers unleserliche Abschriften gesehen hat, begreift leicht, wie dasselbe Wort[1] zweymal falsch gelesen werden konnte.

[9] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 124, Nr. 404: Zur Philologie muß man gebohren seyn, wie zur Poesie[11] und zur Philosophie. Es giebt keinen Philologen ohne Philologie in der ursprünglichsten Bedeutung des Worts[1], ohne grammatisches Interesse. Philologie ist ein logischer Affekt, das Seitenstück der Philosophie, Enthusiasmus für chemische Erkenntniß: denn die Grammatik ist doch nur der philosophische Theil der universellen Scheidungs- und Verbindungskunst. Durch die kunstmäßige Ausbildung jenes Sinns[5] entsteht die Kritik, deren Stoff nur das Klassische[3] und schlechthin Ewige seyn kann, was nie ganz verstanden werden mag: sonst würden die Philologen, an deren meisten man die gewöhnlichsten und sichersten Merkmahle der unwissenschaftlichen Virtuosität wahrnimmt, ihre Geschicklichkeit eben so gern an jedem andern Stoff zeigen als an den Werken des Alterthums[3], für das sie in der Regel weder Interesse noch Sinn[5] haben. Doch ist diese nothwendige Beschränktheit um so weniger zu tadeln oder zu beklagen, da auch hier die künstlerische Vollendung allein zur Wissenschaft[1] führen, und die bloße formelle Philologie einer materialen Alterthumslehre und einer humanen Geschichte[4] der Menschheit[2] nähern muß. Volltext

[10] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 138: Ueber die Kritik der angeblich untergeschobenen Stücke [...] gründlicher zu sprechen, muß man demjenigen überlassen, der davon ein eigenes gelehrtes Studium gemacht hat.

[11] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 356.

[12] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 334.

[13] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 390.

[14] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 303.

[15] Goethe, an F. A. Wolf (26. 12. 1796), WA IV, 11, 297.

[16] Goethe, an J. F. Cotta (17. 10. 1797), WA IV, 12, 338 f..

[17] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), VII.

[18] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), VII.

[19] Herder, Gott (
2
1800), SW 16, 417.

[20] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), III.

[21] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), VIII.

[22] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 195.

[23] A. v. Humboldt, Basalte Rhein (1790), 26.

[24] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 279.

[25] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 131 f..

[26] Kant, Religion (1793), 154.

[27] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 285.

[28] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 290.

[29] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 355.

[30] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 734.

[31] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 743.

[32] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 748.

[33] A. W. Schlegel, Vorr. Flor. Blansch. (1822), XVII.

[34] F. Schlegel, Lessing (1797), 91.

[35] Schleiermacher [Lücke], Hermen. u. Krit. (1838), SW I, 7, 4.

[36] L. Tieck, Reis. Engl. (*1817), 158.

[37] J. H. W. Tischbein, Leb. (*nach1814), 174.

[38] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. I (1837–42), 175.

[39] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 8.














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