[1]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (
2
1796), 1792
: Die Kritik, plur. die -en, aus dem Griech. und Lat. Critica. 1) [...] in weiterer Bedeutung, die Fertigkeit etwas nach den Regeln der Kunst zu beurtheilen, und die Wissenschaft derselben; ohne Plural. 2) Die Anwendung derselben in einzelnen Fällen, die Beurtheilung nach den Regeln der Kunst; mit dem Plural.
[2]
B. v. Arnim, Günder. I (1840), 63
: Wie ich nach Haus kam waren alle bei Leonhardi versammelt und tranken Chocolade; sie fragten wo ich geblieben war nach der Kirche, ich erzählte daß ich im Küstergärtchen gewesen und hätte den lieben Prediger gesehen. Da war aber schon die Kritik drüber her gewesen und hatte die Unmöglichkeiten von unchristlicher Gesinnung drin gefunden [...].
[3]
Ehrmann, Amalie (1788), 24
: Wenn Du deine Avanturen alle so komisch behandeln könntest, dann würde ich weniger Sorge haben; aber nicht allemal wird deine Kritik über deine Neigung siegen; so lang dein Herz noch gesund bleibt, und deine Einbildung nicht verstimmt wird, so hast Du nichts zu fürchten; wenn Dich aber einmal wizzige, galante schöne Herrchens, statt solchen halbreifen Jungen, verfolgen werden, wie wird es dann aussehen?
[4]
Kant, Prlgm. (1783), 190
: So viel ist gewiß; wer einmal Critik gekostet hat, den ekelt auf immer alles dogmatische Gewäsche, womit er vorher aus Noth vorlieb nahm, weil seine Vernunft etwas bedurfte, und nichts besseres zu ihrer Unterhaltung finden konnte. Die Critik verhält sich zur gewöhnlichen Schulmetaphysik gerade wie Chemie zur Alchimie, oder wie Astronomie zur wahrsagenden Astrologie. Ich bin davor gut, daß Niemand, der die Grundsätze der Critik auch nur in diesen Prolegomenen durchgedacht und gefaßt hat, jemals wieder zu jener alten und sophistischen Scheinwissenschaft zurückkehren werde; vielmehr wird er mit einem gewissen Ergötzen auf eine Metaphysik hinaussehen, die nunmehr allerdings in seiner Gewalt ist, auch keiner vorbereitenden Entdeckungen mehr bedarf, und die zuerst der Vernunft daurende Befriedigung verschaffen kan.
[5]
Kant, Aufkl. (1784), 492 f. (493)
: Aber die Denkungsart eines Staatsoberhaupts [...] sieht ein: daß selbst in Ansehung seiner Ge〈493〉setzgebung es ohne Gefahr sei, seinen Unterthanen zu erlauben, von ihrer eigenen Vernunft öffentlichen Gebrauch zu machen, und ihre Gedanken über eine bessere Abfassung derselben, sogar mit einer freimüthigen Kritik der schon gegebenen, der Welt öffentlich vorzulegen [...].
[6]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXIII f.
: Denn das hat die reine speculative Vernunft Eigenthümliches an sich, daß sie ihr eigen Vermögen [...] ausmessen [...] und so den ganzen Vorriß zu einem System der Metaphysik verzeichnen kann und soll [...]. Dafür aber hat auch die Metaphysik das seltene Glück, welches keiner andern Vernunftwissenschaft [...] zu Theil werden kann, daß, wenn sie durch diese Critik in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden, sie das ganze Feld der für sie gehörigen Erkenntnisse völlig befassen 〈XXIV〉 und also ihr Werk vollenden und für die Nachwelt, als einen nie zu vermehrenden Hauptstuhl, zum Gebrauche niederlegen kann [...].
[7]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXX
: Ich mußte also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatism der Metaphysik, d. i. das Vorurtheil, in ihr ohne Critik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar
sehr dogmatisch ist.
[8]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 176 (2)
: Die philosophische Kritik (Kritik des reinen Verstandes) zeigt, was notwendig sein muß [...]; Kritik zeigt, was à priori notwendig ist.
[9]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), 51 f.
: Philosophische Kritik[1], im wahren Sinne, findet nur da Statt, wo das Allgemeine auf etwas individuelles bezogen werden muß, zB. bey der Beurtheilung der Darstellungsweise, deren sich Philosophen aus verschiednen Zeitaltern und Nationen[1] für ihre Systeme bedient haben, wobey denn auch die zweyte philologische Fertigkeit, Auslegungskunst, unentbehrlich ist. Häufig fehlte es den Philosophen in Beurtheilung ihrer Vorgänger eben an philologischem Geist[20], und sie glaubten gegen die Sache zu argumentiren, wenn sie bloß mit einem aus den Mängeln der Darstellung entsprungnen Misverstande kämpften. Das Geschäft zB. die Kritik[4] der reinen Vernunft[1] zu kritisiren würde demnach nicht darin bestehen, die Wahrheit und den Zusammenhang der darin vorgetragnen allgemeinen Sätze zu prüfen, sondern die darin eingefloßnen Subjectivitäten aus dem Charakter[2] des Urhebers, aus dem Gange seiner Forschung und der Stellung gegen das Zeitalter zu zeigen und auszuscheiden, wodurch es allein möglich wird jene von den Buchstaben[10] zu entfesseln, und ihren wahren Gehalt an〈52〉ders als durch Nachbetung der Worte[2] Kants zusammenzufassen, wogegen dieser leider zum neuen Beweise der persönlichen Einflüsse protestirt hat.
[10]
A. v. Arnim, Wintergart. (1809), RuE 2, 250
: Es ist doch ein Elend mit der jetzigen Jugend, daß sie sich alles so bequem macht, was wollen daraus für alte Leute werden. Die Paare, die sich für verliebt in einander ausgaben, waren auch schon versprochen und benutzten ihre Erlaubnis zu küssen so ungemessen, daß einem das Herz davon wehe tat. Und dabei denkt euch das ewige Reden von Schauspielern, und das ohne alle Bewunderung, ohne alle Bosheit, ohne allen Witz[1], bloß so in beurteilender Kritik; nein ohne meinen Freund wäre ich ohnmächtig geworden unter diesen halben Stimmen, die ihre Worte[2] kaum selbst wert achteten verständlich ausgesprochen zu werden..
[11]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 132
: Schlegel [...] ist groß und sehr bedeutend in der Literatur, und Du mußt ihn auch einmal sehen, aber ihm kann man nicht sagen was das Innere beschäftigt, mit ihm kann man nur Witz[2] und Übermuth treiben, und doch kommt man dabei meist zu kurz weil er Scharfsinn der Kritik und Satyre nie versteht, sobald es auf ihn geht. .
[12]
Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61
: Die Antinomie, [...] der Streit der Gesetze, wenn zwei Gesetze mit einander streiten. Kant bedient sich dieses Worts[1], um den Streit zu bezeichnen, in welchem die Vernunft, wenn sie sich ohne Kritik, d. h. ohne Rücksicht auf ihre Schranken, in Untersuchung 〈62〉 übersinnlicher Gegenstände einläßt, nothwendig mit sich selbst gerathen muß..
[13]
Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 334
: Die Kritik, im Allgemeinen die Beurtheilung, die Prüfung..
[14]
Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 334
: [D]ie kritische[1] Philosophie [...], welche keine andere als die Kantische ist, indem diese Philosophie, Statt, wie bisher geschehen, aufs Gerathewohl ein System aufzuführen, vor allen Dingen von der Kritik der menschlichen Erkenntnißkräfte, d. h. von der Untersuchung und Gränzbestimmung derselben, ausgeht, und festsetzt, was der Mensch wissen und nicht wissen könne..
[15]
Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 113
: Seine [sc. Ph. Melanchthons] Verdienste erstreckten sich übrigens nicht bloß auf alte Sprachen[40], sondern auch auf historische Wissenschaften, welche damahls in einem unförmlichen Chaos darnieder lagen und aller Zuverlässigkeit und Kritik beraubt waren..
[16]
Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 425
: Die Philosophie der reinen Vernunft ist nun erstlich Vorübung [...], in welcher das Vermögen der Vernunft, in Ansehung aller reinen Erkenntniß, ohne Rücksicht auf Erfahrung [...], untersucht wird, welche Untersuchung Critik heißt; zweitens die ganze philosophische Erkenntniß aus reiner Vernunft im systematischen Zusammenhange, oder die Metaphysik [...]. [Vgl. Beleg [52].].
[17]
Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 426 f. (427)
: Diese natürliche[5] Physiologie theilt sich wieder | α) in die Metaphysik der körperlichen Natur[2], 〈427〉 welche die Critik des auf die Natur[2] anzuwendenden reinen Verstandeserkenntnisses, mithin die Grundsätze aller Physik, enthält, | β) in die Metaphysik der denkenden Natur[2]..
[18]
Ehrmann, Amalie (1788), 187
: Von der S... spreche ich gar nichts – weil es mich nicht der Mühe werth dünkt; – die ist unter der Kritik [...]. .
[19]
Ehrmann, Nina (1788), 58
: Helden haben ihr enthusiastisches Feuer, Patrioten ihren wahren Eifer, biedere Bürger feste Treue, und warum sollten Wahrhaftliebende keine Beharrlichkeit haben? – – Vorausgesezt, daß sie überzeugt sind, ohne Neben-Absicht zu lieben, so bald sie untersucht haben, ob es nicht blos jugendliche Uebereilung ist, worunter feurige Sehnsucht nach Genuß stekt, so bald sie wißen, daß die Natur[1] sie an einander kettete, so bald sie bei gegenseitiger Untersuchung einer reinen Kritik fähig sind; – Kurz, so bald zwei Köpfe zusammen kommen, denen es nicht an Menschenkenntniß fehlt, die lange vorher unter freundschaftlicher Beobachtung die gegenseitige Gemüthsart untersuchten..
[20]
Fichte, Krit. all. Offenb. (1792), SW 5, 81
: Aus dieser Deduction ergiebt sich unmittelbar die Befugniss, jede angebliche Offenbarung, d. i. jede Erscheinung in der Sinnenwelt, welche diesem Begriffe als correspondirend gedacht werden soll, einer Kritik der Vernunft zu unterwerfen..
[21]
Fichte, Krit. all. Offenb. (1792), SW 5, 157
: Zur Ablehnung einer übereilten Folgerung [...] müssen wir schon hier anmerken, dass, wenngleich nicht der Glaube an Offenbarung, dennoch die Kritik ihres Begriffs[1] auf Allgemeingültigkeit Anspruch mache. Denn letztere hat nichts zu begründen, als die absolute Möglichkeit einer Offenbarung, sowohl in ihrem Begriffe[1], als dass etwas demselben correspondirendes angenommen werden könne; und dies thut sie aus Principien a priori, mithin allgemeingültig..
[22]
Fichte, Krit. all. Offenb. (1792), SW 5, 161
: Aus dieser kurzen Uebersicht erhellet, dass die Kritik der Offenbarung aus Principien a priori geführt werde [...]..
[23]
Fichte, Krit. all. Offenb. (
21793), SW 5, 13
: So fest auch meines Erachtens noch die Kritik der Offenbarung auf dem Boden der praktischen Philosophie als ein einzelnes Nebengebäude steht; so kommt sie doch erst
durch eine kritische[1] Untersuchung der ganzen Familie, wozu jener Begriff gehört, und welche ich die der Reflexionsideen nennen möchte, mit dem ganzen Gebäude in Verbindung, und wird erst dadurch unzertrennlich mit ihm vereinigt..
[24]
Fichte, Begr. d. WL (
2
1798), SW 1, 32 f.
: Es kann nemlich über die Metaphysik, die nur nicht eine Lehre von den vorgeblichen Dingen an sich seyn muss, sondern eine genetische Ableitung dessen, was in unserem Bewusstseyn vorkommt, selbst wiederum philosophirt, – es können Untersuchungen angestellt werden über die Möglichkeit, die eigentliche Bedeutung, die Regeln einer solchen Wissenschaft; und es ist sehr vortheilhaft für die Bearbeitung der Wissenschaft selbst, dass dies geschehe. Ein System von dergleichen Untersuchungen heisst in philosophischer Hinsicht Kritik; wenigstens sollte man nur das angegebene mit diesem Namen bezeichnen. Die Kritik ist nicht selbst die Metaphysik, 〈33〉 sondern liegt über sie hinaus: sie verhält sich zur Metaphysik gerade so, wie diese sich verhält zur gewöhnlichen Ansicht des natürlichen[1] Verstandes. Die Metaphysik erklärt diese Ansicht, und sie selbst wird erklärt in der Kritik. Die eigentliche Kritik kritisirt das philosophische Denken: soll die Philosophie selbst auch kritisch[1] heissen, so kann man von ihr nur sagen, dass sie das natürliche[1] Denken kritisire. .
[25]
Goethe, an Chr. G. Voigt (3. 12. 1797), WA IV, 12, 371
: So trefflich nun die Herderschen Aufsätze sind, so daß mir wenigstens auf den ersten Blick alles in vollständigstem Zusammenhang erscheint, so unter aller Kritik sind die Eisenachischen Papiere. Ich brauche nur das Einzige anzuführen: daß man unüberlegt genug ist die Beziehung der Akademie gänzlich unnöthig machen zu wollen, da Herder hingegen sich als einen guten Haushälter zeigt, indem er das was da ist nur besser und zweckmäßiger zu nutzen anräth..
[26]
Goethe, an Schiller (21. 8. 1799), WA IV, 14, 162
: Von Preiszeichnungen ist erst Eine eingegangen, welche in Betrachtung kommt [...], einige andere sind unter aller Kritik [...].
.
[27]
W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 266
: Wenn Dichtung und Geschichte gesondert sein soll, so sezt diess schon bestimmtere Ideen über Möglichkeit und Unmöglichkeit, Wahrscheinlichkeit und Unwahrscheinlichkeit, mit Einem Worte Kritik voraus. Diese erhielten die Griechen erst spät, und vorzüglich durch die Verbindung ihrer Fabel mit Religion und Nationalstolz später, als sich sonst hätte erwarten lassen..
[28]
W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 135 f.
: Das Verdienst, die Wichtigkeit der Amerikanischen Sprachen[3] für die Sprachkunde gefühlt zu haben, gebührt dem verewigten Schlözer. 〈136〉 Er hat wohl überhaupt seit Leibnitz zuerst wieder unter uns den wahren Begriff dieser Wissenschaft aufgefasst. Er las ein Collegium über eine grosse, damals Erstaunen erregende Anzahl von Sprachen[3], er zog im 31. Theil der allgemeinen Weltgeschichte die ersten Linien zu einer sichreren Sprachkritik, und während seines Aufenthalts in Rom im Jahr 1782. lernte er durch den Abate Gilij zuerst die Amerikanischen Sprachen[3] kennen..
[29]
W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 511
: Aus dem dürftigen Zustande, in welchem Kant die Philosophie, eklektisch herumirrend, vor sich fand, vermochte er keinen anregenden Funken zu ziehen. Auch möchte es schwer seyn zu sagen, ob er mehr den alten, oder den späteren Philosophen verdankte. Er selbst, mit dieser Schärfe der Kritik, die seine hervorstechendste Seite ausmachte, war sichtbar dem Geiste[13/15] der neueren Zeit[3] näher verwandt..
[30]
Kant, Geisterseher (1766), 356
: Daher überlasse ich es dem Belieben des Lesers [...], jene zweideutige Mischung von Vernunft und Leichtgläubigkeit in ihre Elemente aufzulösen und die Proportion beider Ingredientien für meine Denkungsart auszurechnen. Denn da es bei einer solchen Kritik doch nur um die Anständigkeit zu thun ist, so halte ich mich gnugsam vor dem Spott gesichert, dadurch daß ich mit dieser Thorheit, wenn man sie so nennen will, mich gleichwohl in recht guter und zahlreicher Gesellschaft befinde [...]..
[31]
Kant, Prlgm. (1783), 30
: Diese Eintheilung ist in Ansehung der Critik des menschlichen Verstandes unentbehrlich, und verdient daher 〈31〉 in ihr classisch[1] zu sein; sonst wüßte ich nicht, daß sie irgend anderwärts einen beträchtlichen Nutzen hätte.
.
[32]
Kant, Prlgm. (1783), 189
: Also enthält Critik, und auch sie ganz allein, den ganzen wohlgeprüften und bewährten Plan, ja so gar alle Mittel der Vollziehung in sich, wornach Metaphysik als Wissenschaft zu Stande gebracht werden kan; durch andere Wege und Mittel ist sie unmöglich..
[33]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXIV
: Aber was ist denn das, wird man fragen, für ein Schatz, den wir der Nachkommenschaft, mit einer solchen durch Critik geläuterten, dadurch aber auch in einen beharrlichen Zustand gebrachten Metaphysik,
zu hinterlassen gedenken?.
[34]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXVII f.
: Von eben demselben Wesen [...], z. B. der menschlichen Seele, würde ich nicht sagen können, ihr Wille sey frey, und er sey doch zugleich der Naturnothwendigkeit unterworfen, d. i. nicht frey, ohne in einen offenbaren Widerspruch zu gerathen; weil ich die Seele in beiden Sätzen in eben derselben Bedeutung, nemlich als Ding überhaupt, (als Sache an sich selbst) genommen habe, und, ohne vorhergehende Critik, auch nicht anders nehmen konnte. Wenn aber die Critik nicht geirrt hat, da sie das Object in zweyerley Bedeutung nehmen lehrt, nemlich als Erscheinung, oder als Ding an sich selbst; wenn die Deduction ihrer Verstandesbegriffe richtig ist, mithin auch der Grundsatz der Causalität nur auf Dinge im ersten Sinne genommen, nemlich so fern sie Gegenstände der Erfahrung sind, geht, eben dieselbe aber nach der zweyten Bedeutung ihm nicht unterworfen sind: so
wird eben derselbe Wille in der 〈XXVIII〉 Erscheinung (den sichtbaren Handlungen) als dem Naturgesetze nothwendig gemäß und so fern nicht frey, und doch andererseits, als einem Dinge an sich selbst angehörig,
jenem nicht unterworfen, mithin als frey gedacht, ohne
daß hiebey ein Widerspruch vorgeht..
[35]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXIX
: [D]a ich zur Moral nichts weiter brauche, als daß Freyheit[10] sich nur nicht selbst widerspreche, und sich also doch wenigstens denken lasse, ohne nöthig zu haben, sie weiter einzusehen, daß sie also dem Naturmechanism eben derselben Handlung (in anderer Beziehung genommen) gar kein Hinderniß in den Weg lege: so behauptet die Lehre der Sittlichkeit ihren Platz, und die Naturlehre auch den ihrigen, welches aber nicht Statt gefunden hätte, wenn nicht Critik uns zuvor von unserer unvermeidlichen Unwissenheit in Ansehung der Dinge an sich selbst belehrt, und alles, was wir theoretisch erkennen können, auf bloße Erscheinungen eingeschränkt hätte..
[36]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXX f.
: Wenn es also mit einer nach Maaßgabe der Critik der reinen Vernunft abgefaßten systematischen Metaphysik eben nicht schwer seyn kann, der Nachkommenschaft ein Vermächtniß zu hinterlassen, so ist dies kein für gering zu achtendes Geschenk; man mag nun bloß auf die Cultur[3] der Vernunft durch den sicheren Gang einer Wissenschaft überhaupt, in Vergleichung mit dem grundlosen Tappen und leichtsinni〈XXXI〉gen Herumstreifen derselben ohne Critik sehen, oder auch auf bessere Zeitanwendung einer wißbegierigen Jugend, die beym gewöhnlichen Dogmatism so frühe und so viel Aufmunterung bekommt, über Dinge, davon sie nichts versteht, und darin sie, so wie niemand in der Welt, auch nie etwas einsehen wird, bequem zu vernünfteln, oder gar auf Erfindung neuer Gedanken und Meinungen auszugehen, und so die Erlernung gründlicher Wissenschaften zu verabsäumen [...]..
[37]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXXIII f. (XXXIV)
: Gleichwol ist [...] für einen 〈XXXIV〉 [...] Anspruch des speculativen Philosophen gesorgt. Er bleibt immer ausschließlich Depositär, einer dem Publicum[1], ohne dessen Wissen, nützlichen Wissenschaft, nemlich der Critik der Vernunft[1]; denn die kann niemals populär werden, hat aber auch nicht nöthig, es zu seyn; weil, so wenig dem Volke[9] die feingesponnenen Argumente für nützliche Wahrheiten in den Kopf wollen, eben so wenig kommen ihm auch die eben so subtilen Einwürfe dagegen jemals in den Sinn[12]; dagegen, weil die Schule, so wie jeder sich zur Speculation erhebende Mensch, unvermeidlich in beide geräth, jene dazu verbunden ist, durch gründliche Untersuchung der Rechte der speculativen Vernunft[1] einmal für allemal dem Scandal vorzubeugen, das über kurz oder lang selbst dem Volke[9] aus den Streitigkeiten aufstoßen muß, in welche sich Metaphysiker [...] ohne Critik unausbleiblich verwickeln, und die selbst nachher ihre Lehren verfälschen..
[38]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXXIV f. (XXXV)
: Wenn Regierungen 〈XXXV〉 sich ja mit Angelegenheiten der Gelehrten zu befassen gut finden, so würde es ihrer weisen Vorsorge für Wissenschaften sowol als Menschen weit gemäßer sein, die Freyheit[8] einer solchen Critik zu begünstigen, wodurch die Vernunftbearbeitungen allein auf einen festen Fuß gebracht werden können, als den lächerlichen Despotism der Schulen zu unterstützen, welche über öffentliche Gefahr ein lautes Geschrey erheben, wenn man ihre Spinneweben zerreißt, von denen doch das Publicum[1] niemals Notiz genommen hat, und deren Verlust es also auch nie fühlen kann..
[39]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXXV
: Dogmatism ist [...] das dogmatische Verfahren der reinen Vernunft, ohne vorangehende Critik ihres eigenen Vermögens..
[40]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXXVI f.
: In der Ausführung [...] des Plans, den die Critik vorschreibt, d. i. im künftigen System der Metaphysik, müssen wir dereinst der strengen Methode des berühmten Wolf, des größten unter allen dogmatischen Philosophen, folgen, der zuerst das Beyspiel gab (und durch dies Beyspiel der Urheber des bisher noch nicht erloschenen Geistes[15] der Gründlichkeit in Deutschland wurde,) wie durch gesetzmäßige Feststellung der Principien, deutliche Bestimmung der Begriffe[1], versuchte Strenge der
Beweise, Verhütung kühner Sprünge in Folgerungen der sichere Gang einer Wissenschaft zu nehmen sey, der auch eben darum eine solche, als Metaphysik ist, in diesen Stand zu versetzen vorzüglich geschickt war, wenn es ihm beygefallen wäre, durch Critik des Organs[3], nämlich der reinen Vernunft 〈XXXVII〉 selbst, sich das Feld vorher zu bereiten: ein Mangel, der nicht sowol ihm, als vielmehr der dogmatischen Denkungsart seines Zeitalters beyzumessen ist, und darüber die Philosophen, seiner sowol als aller vorigen Zeiten[3], einander nichts vorzuwerfen haben..
[41]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXXVII
: Diejenigen, welche [...] das Verfahren der Critik der reinen Vernunft verwerfen, können nichts andres im Sinne[10] haben, als die Fesseln der Wissenschaft gar abzuwerfen, Arbeit in Spiel, Gewißheit in Meinung, und Philosophie in Philodoxie zu verwandeln..
[42]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XLII f. (XLIII)
: Ich habe [...] mit dankbarem Vergnügen wahrgenommen, daß der Geist[15] der Gründlichkeit in Deutschland nicht erstorben, sondern nur durch den Modeton einer geniemäßigen Frey〈XLIII〉heit[15] im Denken auf kurze Zeit[5] überschrien worden, und daß die dornichten Pfade der Critik, die zu einer schulgerechten, aber als solche allein dauerhaften und daher höchstnothwendigen Wissenschaft der reinen Vernunft führen, muthige und helle Köpfe nicht gehindert haben, sich derselben zu bemeistern..
[43]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 22 f.
: Die Critik der Vernunft führt also zuletzt nothwendig zur Wissenschaft; der dogmatische Gebrauch derselben ohne Critik dagegen auf grundlose Behauptungen, 〈23〉 denen man eben so scheinbare entgegensetzen kann, mithin zum Scepticismus..
[44]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 24
: Aus diesem allem ergiebt sich nun die Idee einer besondern Wissenschaft, die Critik der reinen Vernunft[1] heißen kann. Denn ist Vernunft[1] das Vermögen, welches die Principien der Erkenntniß[1] a priori an die Hand giebt. Daher ist reine Vernunft[1] diejenige, welche die Principien, etwas schlechthin a priori zu erkennen enthält. Ein Organon der reinen Vernunft[1] würde ein Inbegriff derjenigen Principien seyn, nach denen alle 〈25〉 reine Erkenntnisse[2] a priori können erworben und wirklich zu Stande gebracht werden. Die ausführliche Anwendung eines solchen Organon würde ein System der reinen Vernunft[1] verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist, und es noch dahin steht, ob auch hier überhaupt eine Erweiterung unserer Erkenntniß[2] und in welchen Fällen sie möglich sey: so können wir eine Wissenschaft der bloßen Beurtheilung der reinen Vernunft[1], ihrer Quellen und Grenzen, als die Propädevtik zum System der reinen Vernunft[1] ansehen..
[45]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 25 f. (26)
: Ich nenne alle Erkenntniß transscendental[1], die sich nicht so wol mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, so fern diese a priori möglich seyn soll, überhaupt beschäftigt. Ein System solcher Begriffe[1] würde Transscendental[1]-Philosophie heißen. Diese ist aber wiederum für den Anfang noch zu viel. Denn, weil eine solche Wissenschaft so wol die analytische Erkenntniß, als die synthetische a priori vollständig enthalten müßte, so ist sie, so weit es unsere Absicht betrifft, von zu weitem Umfange, indem wir die Analysis nur so weit treiben dürfen, als sie unentbehrlich nothwendig ist, um die Principien der Synthesis a priori, als warum es uns nur zu thun ist, in ihrem gan〈26〉zen Umfange einzusehen. Diese Untersuchung, die wir eigentlich nicht Doctrin, sondern nur transscendentale[1] Critik nennen können, weil sie nicht die Erweiterung der Erkenntnisse selbst, sondern nur die Berichtigung derselben zur Absicht hat, und den Probirstein des Werths oder Unwerths aller Erkenntnisse a priori abgeben soll, ist das, womit wir uns jetzt beschäftigen. Eine solche Critik ist demnach eine Vorbereitung, wo möglich, zu einem Organon, und wenn dieses nicht gelingen sollte, wenigstens zu einem Canon derselben, nach welchem allenfalls dereinst das vollständige System der Philosophie der reinen Vernunft [...] dargestellt werden könnte..
[46]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 27
: Noch weniger darf man hier eine Critik der Bücher und Systeme der reinen Vernunft erwarten, sondern die des reinen Vernunftvermögens selbst..
[47]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 28
: Zur Critik der reinen Vernunft gehört [...] alles, was die Transscendental[1]-Philosophie ausmacht, und sie ist die vollständige Idee der Transscendental[1]-Philosophie, aber diese Wissenschaft noch nicht selbst; weil sie in der Analysis nur so weit geht, als es zur vollständigen Beurteilung der synthetischen Erkenntniß a priori erforderlich ist..
[48]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 35
: Die Deutschen sind die einzigen, welche sich jetzt des Worts[1] Aesthetik bedienen, um dadurch das zu bezeichnen, was andre Critik des Geschmacks heißen. Es liegt hier eine verfehlte Hoffnung zum Grunde, die der vortreffliche Analyst Baumgarten faßte, die critische[1] Beurtheilung des Schönen unter Vernunftprincipien zu bringen, und die Regeln derselben zur Wissenschaft zu erheben. Allein diese Bemühung ist vergeblich. Denn gedachte Regeln, oder Criterien, sind ihren vornehmsten Quellen nach bloß empirisch, und können also niemals zu bestimmten Gesetzen a priori dienen, wornach sich unser Geschmacksurteil richten müßte, vielmehr macht das letztere den eigentlichen Probirstein der Richtigkeit der ersteren aus..
[49]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 513 f. (514)
: Das ist der große Nutzen, 〈514〉 den die sceptische Art hat, die Fragen zu behandeln, welche reine Vernunft an reine Vernunft thut, und wodurch man eines großen dogmatischen Wustes mit wenig Aufwand überhoben seyn kann, um an dessen Statt eine nüchterne Critik zu setzen, die, als ein wahres Catarcticon, den Wahn, zusamt seinem Gefolge, der Vielwisserey, glücklich abführen wird..
[50]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 637
: Ich habe [...] gesagt, daß in diesem cosmologischen Argumente sich ein ganzes Nest von dialectischen Anmaßungen verborgen halte, welches die transscendentale[1] Critik leicht entdecken und zerstöhren kann..
[51]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 766
: Die Vernunft muß sich in allen ihren Unternehmungen der Critik unterwerfen, und kann der Freyheit[1] derselben durch kein Verbot Abbruch thun, ohne sich selbst zu schaden und einen ihr nachtheiligen Verdacht auf sich zu ziehen..
[52]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 869
: Die Philosophie der reinen Vernunft ist nun entweder Propädevtik (Vorübung), welche das Vermögen
der Vernunft in Ansehung aller reinen Erkenntniß a priori untersucht, und heißt Critik, oder zweytens das System der reinen Vernunft (Wissenschaft), die ganze (wahre sowohl als scheinbare) philosophische Erkenntniß aus reiner Vernunft im systematischen Zusammenhange, und heißt Metaphysik; wiewol dieser Name auch der ganzen reinen Philosophie mit Inbegriff der Critik gegeben werden kann, um, sowol die Untersuchung alles dessen, was jemals a priori erkannt werden kann, als auch die Darstellung desjenigen, was ein System reiner philosophischen Erkenntnisse dieser Art ausmacht [...] zusammen zu fassen. [Vgl. Beleg [16].].
[53]
Kant, Crit. pract. Vern. (1788), 11
: So viel zur Rechtfertigung, warum in diesem Werke die Begriffe[1] und Grundsätze der reinen speculativen Vernunft, welche doch ihre besondere Critik schon erlitten haben, hier hin und wieder nochmals der Prüfung unterworfen werden, welches dem systematischen Gange einer zu errichtenden Wissenschaft sonst nicht wohl geziemet (da abgeurtheilte Sachen billig nur angeführt und nicht wiederum in Anregung gebracht werden müssen), doch hier erlaubt, ja nöthig war; weil die Vernunft mit jenen Begriffen im Uebergange zu einem ganz anderen Gebrauche betrachtet wird, als den sie dort von ihnen machte. .
[54]
Kant, Crit. pract. Vern. (1788), 30 f.
: Denn reine Vernunft, wenn allererst dargethan worden, daß es eine solche gebe, bedarf keiner Critik. Sie ist es, welche selbst die Richtschnur zur Critik alles ihres Gebrauchs enthält. Die 〈31〉 Critik der practischen Vernunft überhaupt hat also die Obliegenheit, die empirisch bedingte Vernunft von der Anmaßung abzuhalten, ausschließungsweise den Bestimmungsgrund des Willens allein abgeben zu wollen. .
[55]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), VI
: Denn, wenn ein solches System unter dem allgemeinen Nahmen der Metaphysik einmal zu Stande kommen soll (welches ganz vollständig zu bewerkstelligen möglich und für den Gebrauch der Vernunft in aller Beziehung höchst wichtig ist): so muß die Critik den Boden zu diesem Gebäude vorher so tief, als die erste Grundlage des Vermögens von der Erfahrung unabhängiger Principien liegt, erforscht haben, damit es
nicht an irgend einem Theile sinke, welches den Einsturz des Ganzen unvermeidlich nach sich ziehen würde..
[56]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), X
: Hiemit endige ich also mein ganzes critisches[1] Geschäft. Ich werde ungesäumt zum Doctrinalen schreiten, um, wo möglich, meinem zunehmenden Alter die dazu noch einigermaßen günstige Zeit[5] noch abzugewinnen. Es versteht sich von selbst, daß für die Urtheilskraft darin kein besonderer Theil sey, weil in Ansehung derselben die Critik statt der Theorie dient, sondern daß, nach der Eintheilung der Philosophie in die theoretische und praktische, und der reinen in eben solche Theile, die Metaphysik der Natur[2] und die der Sitten jenes Geschäft ausmachen werden..
[57]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), XLV
: Die Lust ist also im Geschmacksurtheile zwar von einer empirischen Vorstellung abhängig, und kann a priori mit keinem Begriffe[1] verbunden werden (man kann a priori nicht bestimmen, welcher Gegenstand dem Geschmacke gemäß seyn werde, oder nicht, man muß ihn versuchen;) aber sie ist doch der Bestimmungsgrund dieses Urtheils nur dadurch, daß man sich bewußt ist, sie beruhe blos auf der Reflexion und den allgemeinen, obwohl nur subjektiven, Bedingungen der Übereinstimmung derselben zum Erkenntnis der Objekte überhaupt, für welche die Form des Objekts zweckmäßig ist. | Das ist die Ursache, warum die Urtheile des Geschmacks ihrer Möglichkeit nach, weil diese ein Princip a priori voraussetzt, auch einer Kritik unterworfen sind, obgleich dieses Princip weder ein Erkenntnisprincip für den Verstand, noch ein practisches für den Willen, und also a priori gar nicht bestimmend ist..
[58]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 27
: § 9. | Untersuchung der Frage: Ob im Geschmacksurtheile das Gefühl der Lust vor der Beurtheilung des Gegenstandes, oder diese vor jener vorhergehe. | Die Auflösung dieser Aufgabe ist der Schlüssel zur Critik des Geschmacks, und daher aller Aufmerksamkeit würdig..
[59]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 146 f. (147)
: Daß Geschmacksurtheile synthetische sind, ist leicht einzusehen, weil sie über den Begrif[1], und selbst die Anschauung des Objects, hinausgehen, und etwas, das gar nicht einmal Erkenntnis ist, nämlich Gefühl der Lust (oder Unlust) zu jener als Prädicat hinzuthun. Daß sie 〈147〉 aber, obgleich das Prädikat (der mit der Vorstellung verbundenen eigenen Lust) empirisch ist, sie gleichwohl, was die geforderte Beystimmung von jedermann betrift, Urtheile a priori sind, oder dafür gehalten werden wollen, ist gleichfalls schon in den Ausdrücken ihres Anspruchs enthalten und so gehört diese Aufgabe der Critik der Urtheilskraft unter das allgemeine Problem der Transscendentalphilosophie: Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?.
[60]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 257 f.
: Die Eintheilung einer Critik in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackscritik nicht anwenden; weil es keine Wissenschaft des Schönen[1] giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Principien bestimmbar ist. Denn was das Wissenschaftliche in jeder Kunst[1] anlangt, welches auf Wahrheit in der Darstellung ihres Objects geht, so ist dieses zwar die unumgängliche Bedingung (conditio sine qua non) der schönen[2] Kunst[1], aber diese nicht selber. Es giebt also für die schöne[2] Kunst[1] nur eine Manier (modus), nicht Lehrart (methodus). Der Meister muß es vormachen, was und wie es der Schüler zu Stande bringen soll; und die allgemeinen Regeln, darunter er zuletzt sein Verfah〈258〉ren bringt, können eher dienen die Hauptmomente desselben gelegentlich in Erinnerung zu bringen, als sie ihm vorzuschreiben. Hiebey muß dennoch auf ein gewisses Ideal Rücksicht genommen werden, welches die Kunst[18/2] vor Augen haben muß, ob sie es gleich in ihrer Ausübung nie völlig erreicht..
[61]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 308 f.
: Zwischen diesen nothwendigen Maximen der reflectirenden Urtheilskraft kann nun ein Widerstreit, mithin eine Antinomie, statt finden; worauf sich eine Dialectik gründet [...] 〈309〉 [...] und ein unvermeidlicher Schein, den man in der Critik entblößen und auflösen muß, damit er nicht betrüge..
[62]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 261
: Die Eintheilung einer Critik in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackscritik nicht anwenden: weil es keine Wissenschaft des Schönen[2] giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Principien bestimmbar ist..
[63]
Kant, Religion (1793), XI ff. (XIII)
: Aber alles, auch das Erhabenste, 〈XII〉 verkleinert sich unter den Händen der Menschen, wenn sie die Idee desselben zu ihrem Gebrauch verwenden. Was nur sofern wahrhaftig verehrt werden kann, als die Achtung dafür frey ist, wird 〈XIII〉 genöthigt, sich nach solchen Formen zu bequemen, denen man nur durch Zwangsgesetze Ansehen verschaffen kann, und was sich von selbst der öffentlichen Kritik jedes Menschen blosstellt, das muß sich einer Kritik, die Gewalt hat, d. i. einer Censur unterwerfen..
[64]
Krünitz, Oecon. Encycl. LIII (1791), 547 f. (548)
: Man beurtheilt oder kritisirt die Thaten der Menschen, wenn man entscheidet, ob sie klug, recht, nützlich, wohlanständig, löblich, schön, u. s. f. seyn. Man beurtheilt ihre Producte, sie seyn nun Schriften, 〈548〉 oder andere Arbeiten und Werke der Kunst[2] beynahe auf dieselbe Art; und wer dieses thut, den nennt man im gemeinen Leben schon einen Kritiker, wenn er es gleich auch nicht recht thut. Eigentlich aber gebührt nur demjenigen dieser Nahme, welcher dieses auf eine regelmäßige Art nicht nur thut, sondern auch eine Fertigkeit besitzt, solches zu thun. Kritik ist alsdann eine Wissenschaft oder Kunst[6], dasjenige, was Menschen thun und hervor bringen, richtig zu beurtheilen. Will man hier Wissenschaft und Kunst[6], wie es oft geschieht, unterscheiden, so ist die Kritik, als Wissenschaft betrachtet, der Inbegriff der Regeln, nach welchen die Urtheile gefället werden müssen; und als Kunst[6] betrachtet, die Fertigkeit, diese Regeln gehörig auf die vorliegende Gegenstände anzuwenden. | Beydes sollte immer mit einander verbunden werden. Wer gar keine Regeln weiß, oder unrichtige und schiefe Regeln zum Grunde setzt, der wird auch ein schlechtes Urtheil fällen, wie es freylich nur allzu oft geschieht. Wer die Gegenstände nicht genug kennt, oder nicht Fertigkeit genug besitzt, die Regeln auf dieselben anzuwenden, der wird oft fehlgreifen, und bald loben, bald tadeln, wo er gerade das Gegentheil thun sollte. Weil die Menschen, überhaupt betrachtet, mehr geneigt sind, zu tadeln, als zu loben, und dabey gemeiniglich nach unrichtigen Grundsätzen, nach Vorurtheilen, Leidenschaften und Launen verfahren, so ist das Wort Kritik oder kritisiren ziemlich verschrieen worden, so, daß man nicht selten einen ungerechten Tadel darunter versteht..
[65]
Riepel, Sylbenmaß II (1776), 93
: Der kleine Stylist sagte zwar einsmals, es wäre ohne Kritik keine Freude, kein Eifer, kein Leben, sondern alles schlapp, taub und todt auf der Welt. Der Herr Capellan versetzte hingegen: Wenn auch die Neigungen der Menschen so verschieden wären als ihre Gesichtsbildungen, könnten sie als Christen doch (ohne einzige Vergewaltigung) einerley Meynung und Willens seyn..
[66]
Scheffner, Leben (1816), 335
: Auch kann ich ohne die mindeste Gleisnerey versichern, daß mir keine, mir selbst ohne Umschweif gesagte Wahrheit, keine Critik im mindesten zuwider ist, und daß man sie mir ohne alle Besorgniß vor empfindlichem Nachtragen sagen und machen kann – jede irgend geahnte Schonung kränkt mich aber..
[67]
Scheibe, Musik. Compos. (1773), 558
: Doch weg mit solchen fehlerhaften Sätzen! Sie sind ganz unter der Kritik. Warum müssen Leute, die nicht wissen, was die Composition ist, sich unterstehen, Tonlehrer abzugeben? Es ist für unsere Zeiten eine Schande, solch unschickliches Zeug gedruckt zu sehen. Man studiere erst die Regeln, und befleissige sich, Erfahrung zu erlangen, ehe man andern musikalische[1] Gesetze und Muster vorlegen will..
[68]
Schelling, Notizenbl. I (1802), 118
: Dieß alles und noch mehr bildet ein für die Philosophie selbst ganz äußeres Verhältniß zu einzelnen Menschen; ein weit ausgedehnteres und mehr oder weniger allgemeines zum gesammten Publicum bildet die Betriebsamkeit ganzer Institute, die, außerdem daß sie den Gang der Literatur im Ganzen und das Wohl aller Wissenschaften leiten, insbesondere auch das der Philosophie bei dem Publicum besorgen und befördern wollen. Obgleich das mit Recht berühmteste und durch einige in früheren Zeiten[3] an den Tag geförderte Meisterwerke im Fach der philosophischen Kritik ausgezeichnetste derselben, die Jenaische Allg. Lit. Zeit., dem allgemeinen Loos menschlicher Dinge so wenig entgehen konnte, daß in der letzten Zeit[3], in Ansehung der Philosophie, fast sogar das Sprüchwort an ihm wahr geworden wäre: der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht, so ermangelt es doch, nachdem von ihm die weise und in der That lobenswerthe Maxime angenommen worden ist, von der Recension bedeutenderer philosophischer Werke gänzlich abzulassen, nicht, unbedeutende von Zeit[6] zu Zeit[6] mit einer passenden Sauce zu versehen. ➢ Volltext.
[69]
Schelling, Notizenbl. II (1802), 119 f. (120)
: Es ergibt sich nämlich daraus, daß dieses Philosophiren seine Foderung der Moralität, als des einzigen tiefen Grundes der 〈120〉 Philosophie, darum macht, um alles Philosophirens überhoben zu seyn, statt desselben moralische Eitelkeit und Dünkel geltend zu machen, und zur Kritik philosophischer Systeme das einfache und schlechte Hausmittel gebraucht, ihre Urheber und Anhänger aus eigner moralischer Urtheilskraft zu unmoralischen Menschen zu creiren. ➢ Volltext.
[70]
Schelling, Notizenbl. III (1802), 70
: Es wäre eine Kritik über die Kritik erfoderlich gewesen, um die Frage zu beantworten: welche Elemente der Kantischen Philosophie eignen sich dazu aus der besondern und nationalen Kultur[4] der Deutschen in die allgemeine aufgenommen zu werden, und die französische Nation[1], deren Kultur[4] die der andern mehr oder weniger gebieterisch bestimmt und bis jetzt am meisten den Charakter[4] der Allgemeinheit sich zu geben gewußt hat, konnte hier zum bestimmtesten Maasstab dienen. ➢ Volltext.
[71]
Schelling, Notizenbl. III (1802), 72 f. (73)
: Es läßt sich historisch beweisen, daß Kant die Philosophie in ihren großen und allgemeinen Formen selbst nie studirt hatte, daß ihm Plato, Spinoza, Leibnitz selbst nie anders als durch das Medium einer gewissen vor ungefähr 50 Jahren auf deutschen Universitäten 〈73〉 gangbaren – sich durch mehrere Mittelglieder von Wolf herschreibenden Schulmetaphysik bekannt geworden waren. Auf dieselbe – nicht Leibnitzische, nicht einmal rein Wolfische – Metaphysik, die er für die einzige nahm, die je existirt hätte oder überhaupt existiren könnte, ist fast seine ganze Kritik, sind seine hauptsächlichsten kritischen[1] Pfeile eigentlich gemünzt. ➢ Volltext.
[72]
Schelling, Notizenbl. III (1802), 73
: Das Werk eines Geistes[31], der, anstatt aus freyer Production die Idee der Philosophie in sich selbst zu erzeugen, aus der nächsten Hand nimmt, was ihm als solche angeboten wird, und dieses nun, ohne je zum Urbild selbst durchzudringen, zum Gegenstand seines Zweifelns und eines – je durch das Privativste, was es eben gibt, wie den Humischen sogenannten Skepticismus, erregten und unterhaltenen – Kritisirens macht, und auf diesem Weg – theilweise und atomistisch, ohne daß die Idee des Ganzen den Theilen vorangegangen wäre – zu einer Kritik des gesammten Erkenntnißvermögens gelangt – das Werk eines solchen Geistes[31] nach allen seinen Elementen und Beziehungen auf eine allgemein ansprechende Weise darzulegen, halten wir für nahezu unmöglich und für eine, wenigstens einem Talent wie dem des Hrn. Villers, nicht lösbare Aufgabe. ➢ Volltext.
[73]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 131 (1)
: Ein Kunstwerk zu beurteilen, bezeichnet ein aktives Verhältnis des Kunstbetrachters gegenüber dem Künstler. Wie ist aber eine Kunstbetrachtung möglich? Sie ist eine Tätigkeit, der innere Eindruck in der Seele ist auch Tätigkeit; aber doch passiv; der Kunstbeurteiler kann seine eigene Empfänglichkeit zum Gegenstande seiner Kunstbeurteilung machen; er reflektiert streng über den empfangenen Eindruck. Er muß, um dies zu können, in Ansehung ihrer außerordentlichen Bedingungen die Tätigkeit des Gemüts in seine Gewalt bekommen. Er muß Eindrücke festhalten können, näher zusammen vereinigen, die jetzigen mit den vorher empfangenen vergleichen. Was bloß von der Stimmung (zufälliger, vorübergehender Eindruck der Empfänglichkeit) herrührt, muß er von der Kunstbeurteilung absondern können. Es findet dabei keine Anwendung des Allgemeinen auf das Einzelne statt, sondern eine Beziehung des Einzelnen auf das Allgemeine; der einzelnen Eindrücke auf die Kunstgesetze. Das Allgemeine der Kunstlehre, worauf sich die Beurteilung des Einzelnen bezieht, ist noch nicht vorhanden, man muß es selbst auf dem Wege der Selbstprüfung finden durch einen philosophischen Instinkt. Empfänglichkeit, selbsttätige Behandlung derselben und die Beziehung des Einzelnen auf ein zu erfindendes Allgemeines durch eine Art philosophischer Divination nennt man Sinn[5], Urteil und Erforschungsgeist. Kritik ist ein unentbehrliches Werkzeug, wodurch die Kunst[10] erst zu einem Objekte der Philosophie verarbeitet wird. Wie durch kritische[1] Selbstbeachtung wird das Gemeinschaftliche in einzelnen Eindrücken gefunden, um dadurch als Kunst[10] betrachtet werden zu können. Die Kunst[10] muß erst durch Philosophie, durch Kritik bearbeitet werden. Die Kritik bleibt immer das Organ[1] ihrer Anwendbarkeit, indem es möglich ist, die Regeln der Philosophie auf die Kunst[10] anzuwenden. .
[74]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 176 (1)
: Kant stellte in seiner Kritik[4] der Urteilskraft, 1790, eine philosophische Kritik[4] über beide Systeme auf; er beabsichtigte hiermit bloß transzendentale[1] Kritik, nicht Ausbildung des Geschmacks..
[75]
A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52)
: Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[3] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[3] der Menschheit Gehörige, dann historische Kunstwerke. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[6] Alterthums[3] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne Kunst[9] und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[76]
A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XII f.
: Die Aufgabe der litterarischen und Kunst[11]-Kritik ist ja nicht, wie es von der philologischen und historischen Kritik allerdings gilt, die scharfsinnige und gelehrte Führung eines schwierigen Erweises. Die Bemühung des Kritikers verliert dadurch nichts an ihrem Werth, daß das Urtheil unverbildeter, unverwöhnter und vorurtheilsfreier Leser des Gedichtes oder Betrachter des Kunstwerkes schon im voraus mit dem seinigen übereinstimmt. Man suchte nur einen Sprecher der gemeinsamen Empfindungen, weil die Mittheilung und Verständigung darüber den Genuß erhöht. Die Aufgabe ist, für den Gesamt-Eindruck, der aus einem unendlich feinen Gewebe einzelner Eindrücke zusammengesetzt ist, den angemessensten Ausdruck zu finden; diese Wirkung des Kunstwerkes aus den Anlagen der menschlichen Natur[1], aus den Forderungen des äußern Sinnes[4], der Einbildungskraft, des Geschmacks, des Verstandes und des sittlichen Gefühls, befriedigend zu erklären; und überall von dem besonderen Fall auf allgemeine Wahrheiten und Grundgesetze zurückzuweisen. Man schätzt die Verbindung des philosophi〈XIII〉schen Geistes[22] mit der praktischen Einsicht, wie dieses oder jenes anders und besser hätte gemacht werden können, aber warum das Ganze, so wie es ist, vollendet erscheint..
[77]
A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XIII
: Unter allen Aufgaben der Kritik[2] ist keine schwieriger, aber auch keine belohnender, als eine treffende Charakteristik der großen Meisterwerke. Wie die schöpferische Wirksamkeit des Genius immer von einem gewissen Unbewußtseyn begleitet ist, so fällt es auch der begeisterten Bewunderung schwer und, je ächter sie ist, um so schwerer, zu besonnener Klarheit über sich selbst zu gelangen. Am besten wird es damit gelingen, wenn die Betrachtung nicht vereinzelt wird, sondern vielmehr den menschlichen Geist[10] in dem Stufengange seiner Entwickelung bis zu dem Gipfel hinauf begleitet. Mit einem Worte[2], die Kunstkritik muß sich, um ihrem großen Zwecke Genüge zu leisten, mit der Geschichte[3], und, so fern sie sich auf Poesie[3] und Litteratur bezieht, auch mit der Philologie verbünden..
[78]
F. Schlegel, Lessing (1797), 84
: Man sagt oft nur: Ein Lessing, um einen vollendeten poetischen Kritiker zu bezeichnen. So redet nicht bloß jedermann, so drückt sich auch ein Kant, ein Wolf aus; Häupter der philosophischen und der philologischen Kritik, welchen man daher den Sinn für Virtuosität in jeder Art von Kritik nicht absprechen wird; beide an Liebe und Kunst[6], der Wahrheit auch in ihren verborgensten Schlupfwinkeln nachzuspüren, an schneidender Strenge der Prüfung bei biegsamer Vielseitigkeit Lessingen nicht unähnlich. ➢ Volltext.
[79]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 28, Nr. 116
: Die romantische[2/3/4/5/10/6/11/12] Poesie[11] ist eine progressive[3/6] Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennte Gattungen der Poesie[11] wieder zu vereinigen, und die Poesie
[11/18] mit der Philosophie, und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie
[3] und Prosa
[1], Genialität und
Kritik, Kunstpoesie, und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie
[11] lebendig und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch
[1] machen, den Witz
[1] poetisiren, und die Formen der Kunst
[2] mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen, und durch die Schwingungen des Humors
[2] beseelen.
➢ Volltext.
[80]
Schulze-Kummerfeld, Leb. I (*1782–
?94), 196 f.
: Ekhof frug mich, ob ich in Göttingen denn nichts zugeschickt bekommen oder gelesen. „Ja“ sagte ich, „vieles. Doch weil es immer viele Kritik 〈197〉 auf meine Mit- und Neben-Kameraden war, habe ich alles verbrannt. Sollte nicht in unrechte Hände kommen. Mich freut kein Lob zum Nachteil meines Nächsten. Und jedem Ehrliebenden muß es wehe tun, sich auf Kosten anderer loben oder tadeln zu hören.“.
[81]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 252
: Also kann die Poesie[11] jede Triebfeder der Seele in Würksamkeit setzen, und mit zauberischer Kraft über die Herzen der Menschen herrschen. Diese Würkung hat sie nicht nur denn, wenn sie von feiner Kunst[8] und tiefforschender Critik unterstützt wird: blos Natur[8] und Genie[2] sind dazu schon hinlänglich. Die Dichter scheinen noch immer die Größten zu seyn, die die Natur[8] zu Dichtern gemacht, ehe die Kunst[8] dem Genie[2] sich zur Gehülfin angebothen hat..
[82]
K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. I (1837–42), 407
: Sooft ich nun zu Stein kam, hörte ich gleichsam ein Privatissimum über Gegenstände der Staatswirtschaft, erläutert durch Beispiele aus dem Geschäftsleben selbst, wobei zwar keine geordnete Folge herrschte, aber doch die wichtigsten Ansichten und Tatsachen mir auf die lebendigste Weise dargeboten wurden. Seine eigne Lebhaftigkeit riß ihn fort; jede Unkunde, die er wahrzunehmen glaubte, jeder Zweifel, der sich zu äußern wagte, steigerte seinen Eifer, und er nahm sich die Geduld, in die ausführlichsten Erläuterungen einzugehen. Bei solcher Gelegenheit fehlte es nicht an persönlichen Bemerkungen, besonders über preußische Staatsbeamte, und die Kritik ihrer Handlungen gab ihm noch mehr Herzenserleichterung als mir Belehrung, wobei mir nicht entging, daß in der Sache und in der Form seine raschen Aussprüche als parlamentarische Opposition oft von außerordentlicher Wirkung hätten sein müssen..
[83]
K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. II (1837–42), 271
: Doch [...] der Inhalt und die Kritik der badischen Verfassung finden andern Ortes ihre geeignete Stelle [...].
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