Wortliste
Struktur
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Semantik 
6. ›der Art nach so, wie prototypisch die griechisch-römische Antike erscheint: am Konkreten, Realen, an äußeren Gegebenheiten, an Phänomenen der Natur2, am Lebendigen, Kräftigen, Gesunden, an der idealen Form orientiert; auf das anschauliche Einzelphänomen bezogen, es darstellend oder verkörpernd; ursprüng­lich-unverfälscht, ungebrochen‹, auch ›physisch, körperlich, leiblich‹ [6]. Als klassische6 Kunst erscheint die Plastik [4; vgl. 14]; ein klassischer6 Verstand bzw. Denker tendiert nicht zur Abstraktion, sondern fasst seine Ge­gen­stände in ihrer Mannigfaltigkeit [7]. Möglicherweise wäre ein Fichte-Beleg zu klassisch6 zu stellen, in dem es von den klassischen[3; 6?] Nationen[1] der Griechen und Römer heißt, sie seien weniger zur Abstraktion kon­zeptioneller Schrift­lichkeit, vielmehr zur kon­zeptionellen Mündlichkeit (lebendige Rede) geneigt gewesen [8].
Belege 
[1] Börne, Schild. Paris XXVI (1824), SS 2, 160: Kaum hatte jener Baukünstler sein Modell aufgestellt, als im Moniteur eine königliche Verordnung erschien, welche den Arc de Triomphe de l'Etoile auszubauen befahl. Es ist nämlich nach Beendigung des spanischen Krieges beschlossen worden, das siegreiche französische Heer zu belohnen, und zwar, was Feldherrn und Oberoffiziere betrifft, die wußten, was sie taten, klassisch – mit Orden, Beförderungen, Dotationen und andern soliden Dingen; was aber die Gemeinen betrifft, die ohne Kritik der reinen Vernunft, bloß körperlich in das Feuer gegangen, romantisch[7] – indem ihnen zugedacht worden, unter jener Triumphpforte in die Stadt Paris einzuziehen.

[2] Goethe, Igel. Mon. (1829), WA I, 49.2, 43: Auf dem Gipfel des Ganzen eine Kugel, von der sich ein Adler, den Ganymed entführend, erhob. Dieses wie das vorige Bild wahrscheinlich auf früh verstorbene Lieblinge der Familie deutend, ganz im antiken
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2
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klassischen
Sinn
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, das Vorübergehende immerfort lebend und blühend zu denken.


[3] Goethe, Max. u. Refl. (*?1829; 1836), WA I, 41.2, 246 f.: Classisch[5/6/7] ist das Gesunde, romantisch[14/4/8/9] das Kranke. ⟨247⟩ | Ovid blieb classisch[6] auch im Exil: er sucht sein Unglück nicht in sich, sondern in seiner Entfernung von der Hauptstadt der Welt. | Das Romantische[14/4/8/9] ist schon in seinen Abgrund verlaufen; das Gräßlichste der neuern[3] Productionen ist kaum noch gesunkener zu denken. | Engländer und Franzosen haben uns darin überboten. Körper, die bei Leibesleben verfaulen und sich in detaillirter Betrachtung ihres Verwesens erbauen, Todte, die zum Verderben anderer am Leben bleiben und ihren Tod am Lebendigen ernähren: dahin sind unsre Producenten gelangt! | Im Alterthum[3] spuken dergleichen Erscheinungen nur vor wie seltene Krankheitsfälle; bei den Neuern[3] sind sie endemisch und epidemisch geworden.

[4] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 104, Nr. 230: Kann es wohl progressive[3; 6?] Musik[1] geben, oder ist diese eine rein sentimentale[2; 6?] Kunst[2], wie die Plastik eine classische[5/6; 7?], die Poesie[1] eine progressive[3; 6?]?

[5] F. Schlegel, Lucinde (1799), 263: Und diese Namenlosigkeit selbst ist von zweydeutiger Bedeutung. Je verschämter und je moderner[1/7] man ist, je mehr wird es Mode sie aufs Schamlose zu deuten. Für die alten[10] Götter[4] hingegen hat alles Leben eine gewisse classische Würde und so auch die unverschämte Heldenkunst lebendig zu machen. Die Menge solcher Werke und die Größe der Erfindungskraft in ihr bestimmt Rang und Adel[3] im Reiche der Mythologie. Volltext

[6] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 270 f. (271): [M]ein Tischgeselle war ein hiesiger Geistlicher, eben die Physionomie, die ich auf der Straße zum Führer bekam. Der Mann ist indessen für einen sicilischen Theologen vernünftig genug, ⟨271⟩ und hat mir eben ich weiß nicht wie klassisch[3/6 bewiesen, daß Katanien das Vaterland der Flöhe sey.

[7] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 208: Der
claßische
Verstand geht nicht auf das Abstrakte; er setzt das Mannigfaltige in einer Sache nicht aus einander, sondern weiß es in seiner Mannigfaltigkeit einfach zu sagen, und es dem anschauenden Erkenntniß klar darzustellen. Er macht mehr feine, ein durchdringendes Aug erfodernde Beobachtungen, als richtige auf die Entwiklung der Begriffe gegründete Schlüsse. Der abstrakte Denker sagt mit viel Worten wenig, weil er blos die höchste Gewißheit zum Augenmerk hat: der
claßische
Denker sagt in wenig Worten viel, und giebt uns durch einen kurzen und leicht zu fassenden Spruch, das Resultat eines langen und scharfen Nachdenkens.


[8] Fichte, Grundzg. d. Zeitalt. (1806), SW 7, 97 f..

[9] Goethe, an C. E. Schubarth (21. 8. 1819), WA IV, 31, 272.

[10] Goethe, an A. F. C. Streckfuß (14. 8. 1827), WA IV, 43, 19 f..

[11] Görres, Tt. Volksb. (1807), 290 f..

[12] Gutzkow, Wally (1835), 5.

[13] Heine, Relig. u. Philos. in Dtld. (1835), DHA 8.1, 43.

[14] Heine, Romant. Schule (1836), 19.

[15] Heine, Romant. Schule (1836), 21 f. (22).

[16] Heinse, Ardinghello (1787), 299.

[17] W. v. Humboldt, Charakt. d. Grch. (*?1807), GS I, 7.2, 615.

[18] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 20.

[19] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 184.

[20] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 179.

[21] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 208 (1).

[22] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 208 (2).














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