Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 220 ff.: „Alles wechselnde freye Spiel der Empfindungen (die keine Absicht zum Grunde haben) vergnügt; weil es das Gefühl der Gesundheit befördert: wir mögen nun in der Vernunftbeurtheilung an seinem Gegenstande und selbst an diesem Vergnügen ein Wohlgefallen haben oder nicht; und dieses Vergnügen kann bis zum Affect steigen, ob gleich wir an dem Gegenstande selbst kein Interesse, wenigstens kein solches nehmen, was dem Grad des letztern proportionirt wäre. Wir können sie ins Glücksspiel, Tonspiel und Gedankenspiel einteilen. Das erste fordert ein Interesse es sey der Eitelkeit oder des Eigennutzes, welches aber bey weitem nicht so gros ist, als das an der Art, wie wir es uns zu verschaffen suchen; das zweyte blos den Wechsel der Empfindungen, deren jede ihre Beziehung auf Affect, aber ohne den Grad eines Affects hat, und ästhetische Ideen rege macht; das dritte entspringt blos aus dem Wechsel der Vorstellungen, in der Urtheilskraft, wodurch zwar kein Gedan⟨221⟩ke, der irgend ein Interesse bey sich führete, erzeugt, das Gemüth aber doch belebt wird.
     Wie vergnügend die Spiele seyn müssen, ohne daß man nöthig hätte interessirte Absicht dabey zum Grunde zu legen, zeigen alle unsere Abendgesellschaften; denn ohne Spiel kann sich beynahe keine unterhalten. [...} Aber da das Glücksspiel kein schönes Spiel ist, so wollen wir es hier bey Seite setzen. Aber Musik und Stof zum lachen sind zweyerlei Arten des Spiels mit ästhetischen Ideen, oder auch Verstandesvorstellungen, wodurch am Ende nichts gedacht wird und die blos durch ihren Wechsel lebhaft vergnügen können, wodurch sie ziemlich klar zu erkennen geben, daß die Belebung in beyden blos körperlich sey, ob sie gleich von Ideen des Gemüths erregt wird und daß das Gefühl der Gesundheit, durch eine jener ihrem Spiele correspondirenden Bewegung der Eingeweide, das ganze, für so fein und geistvoll gepriesene, Vergnügen einer aufgeweckten Gesellschaft ausmachen. Nicht die Beurtheilung der Harmonie in Tönen oder Witzeinfällen, die mit ihrer Schönheit nur zum nothwendigen Vehickel dient, sondern das beförderte Lebensgeschäfte im Körper, der Affect, der die Eingeweide und das Zwergfell bewegt, mit einem Worte das Gefühl der Gesundheit (welche sich ohne solche Veranlassung sonst nicht fühlen läßt) machen das Vergnügen aus, welches man daran findet, daß man dem Körper auch durch die Seele beykommen und diese zum Artzt von jenem brauchen kann.
     ⟨222⟩ In der Musik geht dieses Spiel von der Empfindung des Körpers zu ästhetischen Ideen (der Objecte für Affecten), von diesen alsdenn wieder zurück, aber mit vereinigter Kraft, auf den Körper. Im Scherze (der eben sowohl wie jene eher zur angenehmen, als schönen Kunst gezählt zu werden verdient) hebt das Spiel von Gedanken an, die insgesammt, sofern sie sich sinnlich ausdrücken wollen, auch den Körper beschäftigen und, indem der Verstand in dieser Darstellung, darinn er das Erwartete nicht findet, plötzlich nachläßt, so fühlt man die Wirkung dieser Nachlassung im Körper durch die Schwingungen der Organen, welche die Herstellung ihres Gleichgewichts befördert und auf die Gesundheit einen wohlthätigen Einflus hat.
     Es muß in allem, was ein lebhaftes erschütterndes Lachen erregen soll, etwas Widersinniges seyn, (woran also der Verstand an sich kein Wohlgefallen finden kann). Das Lachen ist ein Affect aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts. Eben diese Verwandlung, die für den Verstand gewis nicht erfreulich ist, erfreuet doch indirect auf einen Augenblick sehr lebhaft; also muß die Ursache in dem Einflusse der Vorstellung auf dem Körper und dessen Wechselwirkung auf das Gemüth bestehen und zwar nicht, sofern die Vorstellung objectiv ein Gegenstand des Vergnügens ist, wie etwa bey einem, der von einem großen Handlungsgewinn Nachricht bekommt (denn wie kann eine getäuschte Erwartung vergnügen), sondern lediglich dadurch daß sie, als bloßes Spiel der Vorstellungen, ein Spiel der Lebenskräfte im Körper hervorbringt.“