„die deutsche Sprache [...] viele Vorzüge vor den anderen modernen Sprachen [hat]; sogar sind manche ihrer Wörter von der [...] Eigenheit, verschiedene Bedeutungen nicht nur, sondern entgegengesetzte zu haben, so daß darin selbst ein spekulativer Geist der Sprache nicht zu verkennen ist; es kann dem Denken eine Freude gewähren, auf solche Wörter zu stoßen und die Vereinigung Entgegengesetzter, welches Resultat der Spekulation für den Verstand aber widersinnig ist, auf naive Weise schon lexikalisch als Ein Wort von den entgegengesetzten Bedeutungen vorzufinden.“
Hegels prominentes Beispiel ist das Verb aufheben: „Aufheben hat in der Sprache den gedoppelten Sinn, daß es so viel als aufbewahren, erhalten bedeutet und so viel als aufhören lassen, ein Ende machen.“ (Hegel, Wiss. d. Log. I.1 [1812], 46). Die vermeintlich gegensätzlichen Bedeutungen berühren sich gleichwohl: „Das Aufbewahren schließt schon das Negative in sich, daß etwas seiner Unmittelbarkeit und damit einem den äusserlichen Einwirkungen offenen Daseyn entnommen wird, um es zu erhalten“, und umgekehrt ist „das Aufgehobene [›aufhören Gemachte, Beendete‹] ein zugleich Aufbewahrtes, das nur seine Unmittelbarkeit verloren hat, aber darum nicht verschwunden ist“ (ebd.). Indem etwas in der dialektischen Betrachtung in diesem Doppelsinn aufgehoben, also zugleich beendet und aufbewahrt ist, erscheint es zugleich in einer neuen Qualität, wird also in der Reflexion ›emporgehoben, auf eine höhere Stufe gehoben‹, wodurch noch eine für den dialektischen Philosophen glückliche dritte Bedeutung des Verbs ins Sprachspiel kommt:„Die angegebenen zwei Bestimmungen des Aufhebens können lexikalisch als zwei Bedeutungen dieses Wortes aufgeführt werden. Auffallend müßte es aber dabey sein, daß eine Sprache dazu gekommen ist, ein und dasselbe Wort für zwei entgegengesetzte Bestimmungen zu gebrauchen. Für das spekulative Denken ist es erfreulich, in der Sprache Wörter zu finden, welche eine spekulative Bedeutung an ihnen selbst haben; die deutsche Sprache hat mehrere dergleichen.“ (Hegel, Wiss. d. Log. I.1 [21832], W 3, 110.)