„Antike und Moderne treten damit in einen dialektischen Spannungsbezug, den es in der französischen, englischen und bisherigen deutschen Behandlung des querelle-Themas nicht gegeben hatte. Die Moderne scheidet sich hier nicht von der klassischen Antike ab, sondern setzt sich – in Fichtescher Terminologie – in die lebendigste ,Wechselwirkung’ mit ihr. Schlechte Modernität, so könnte man es formulieren, besteht im bloßen Abscheiden, im bloßen Fortschreiten, in der ständigen Steigerung des Interessanten und Pikanten. Genuine Modernität befindet sich in einem ebenbürtigen Verhältnis zur Klassik und manifestiert sich in einem Wettstreit mit ihr. Das wahre Griechenland rückt vom Anfang der europäischen Literaturgeschichte an deren unerreichbares Ende. Paradox ausgedrückt ließe sich sagen [...], daß Schlegel nicht auf einer Seite der querelle des anciens et des modernes focht, sondern auf beiden. August Wilhelm Schlegel folgte diesen geschichtsphilosophischen Ansichten seines Bruders“ ([[[LiteraturVerweis ID='1515' Anzeige='Behler 1986' Formatierung='1']]], 169).
Die Tatsache, dass dieses Synthesis-Programm zwei unterschiedliche Modelle – die Dualität eines Antagonismus von Antike und Moderne und die Triadik eines dialektischen Fortschreitens – dadurch zusammenzubringen sucht, dass sie sowohl die Antithese als auch die Synthese des dialektischen Dreischritts in die Moderne setzt, führt zu einem Spannungsverhältnis, das die frühromantischen Theoretiker nicht auflösen können, das sie vielmehr ganz bewusst akzeptieren. Die Spannung ist bis in die Semantik der Schlagwörter hinein erkennbar: Die klaren Antonymieverhältnisse zwischen klassisch[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='3']]], antik[[[BedeutungsVerweis ID='186' Anzeige='2' Formatierung='3']]], alt usw. einerseits und romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='43' Anzeige='12' Formatierung='3']]], progressiv[[[BedeutungsVerweis ID='128' Anzeige='5' Formatierung='3']]], modern usw. andererseits, die sich auch in den qualitativen Bestimmungen erkennen lassen (z. B. klassisch[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='3']]] vs. romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='3' Formatierung='3']]], klassisch[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='3']]] vs. romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='42' Anzeige='11' Formatierung='3']]]/progressiv[[[BedeutungsVerweis ID='45' Anzeige='3' Formatierung='3']]], klassisch[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='3']]] vs. romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='3']]]), stehen partiellen Synonymieverhältnissen zwischen denselben Lexemen gegenüber (z. B. zwischen klassisch[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='3']]] und romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='34' Anzeige='6' Formatierung='3']]]). Dies führt dann in logischer Konsequenz dazu, dass die semantischen Felder eines und desselben Lexems Verhältnisse der Hypersemie ⦿ (progressiv[[[BedeutungsVerweis ID='128' Anzeige='5' Formatierung='3']]] vs. progressiv[[[BedeutungsVerweis ID='35' Anzeige='6' Formatierung='3']]]), der Antisemie ⦿ (romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='34' Anzeige='6' Formatierung='1']]] vs. romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='64' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]), sogar der Tekaisemie ⦿ (romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='69' Anzeige='10' Formatierung='3']]] zu romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='34' Anzeige='6' Formatierung='1']]] einerseits und romantisch[[[BedeutungsVerweis ID='64' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]] andererseits) aufweisen.